Koriandergrün und Safranrot

Leseecke: Koriandergrün und Safranrot

rezensiert von PUKI


März 2017


Dieser Roman stellt das Leben wie den Wellengang des Meeres dar – von einem ständig Auf und Ab geprägt, in dem sich berufliche sowie zwischenmenschliche Niederlagen und Höhepunkte bemerkenswert abwechseln.


Von der Handlung her geht es um eine indische Familie, die nach England auswandert. Da der Vater ein Doppelleben führt, bleibt schließlich seine Frau, Nalini, mit den zwei gemeinsamen Kindern allein. Nur durch ihre harte Arbeit und die Unterstützung einfacher Leute kann Nalini ihre kleine Familie vor einem Leben auf der Straße bewahren und schafft sogar den Sprung in die Selbstständigkeit.
Erzählerisch interessant ist die abwechselnde Darstellung der Gegebenheiten durch zwei Erzähler, deren Schilderungen nicht identische Zeiträume abdecken. Was jeweils „in der Zwischenzeit“ passiert – manchmal sind es Jahre – erfährt der Leser immer aus der jeweils nächsten Perspektive.

Sprachlich ist das Buch kein Meisterwerk, aber es ist auch nicht schlecht geschrieben.


Besonders erwähnenswert sind die zahlreichen Reflexionen über das Leben. Eine so hohe Dichte an philosophischen Ideen wie in Koriandergrün und Safranrot stellt in Romanen der Popliteratur eine Ausnahme dar. Im Mittelpunkt stehen dabei Vergebung, Dankbarkeit und Loslassen – eine direkte Verbindung zum fernöstlichen Gedankengut ist unverkennbar.


Aus unterhaltungstechnischer Sicht gibt es zwei Leitmotive: Kochen bzw. Gewürze und Indien. Beide Themen sind hervorragend umgesetzt. Das Kochen zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben der Protagonisten hindurch und ist so ansprechend dargestellt, dass man als Leser nicht nur Appetit auf die einzelnen Gerichte kriegt, sondern auch Lust, sie nachzukochen. Indien wiederum – am Anfang des Buches das Indien der späten 1960er, frühen 1970er Jahre und zum Ende hin das Indien Mitte der 1990er Jahre – ist jeweils so plastisch dargestellt, dass man den Eindruck hat, einen sinnes-interaktiven Film zu sehen: Man spürt die klebrige Hitze auf der eigenen Haut und den aufgewirbelten Staub in den Augen, man hört die Moskitoschwärme und den bunten Straßenlärm, man sieht die üppig grünen Landschaften und die Kinderhändchen, die durch das Taxifenster bittend nach einem tasten, man riecht Gestank und Aromen… (An dieser Stelle ein kleiner Tipp an Alexandra Potter : Lesen Sie Koriandergrün und Safranrot , bevor Sie Ihren nächsten indienlastigen Roman veröffentlichen!)


Einer der wenigen Kritikpunkte an dem Buch ist, dass es etliche Wiederholungsschleifen gibt – beim Thema Essen, Essenszubereitung, Wirkung der einzelnen Zutaten und ihrer Bedeutung für die seelische Entwicklung der Menschen hat man hin und wieder den Eindruck, mehr oder weniger den gleichen Wortlaut immer wieder zu lesen. 


Und was mich auch stutzig macht, ist die Ähnlichkeit der Liebesbeziehung zwischen Maya und Suri einerseits und Rachel und Jimmy aus Die Achse meiner Welt von Dani Atkins anderseits. Es gibt etliche Parallelen im Paar, z.B. einen tragischen Unfall, ein kompliziertes Zueinanderfinden und eine romantische Hochzeit als Ende, sowie in den Personen selbst: Suri ist genauso ein Traummann wie Jimmy – vollkommen in seine Partnerin verguckt, von integrem Charakter, gut aussehend, liebevoll und in seiner Liebe geduldig abwartend –, während Maya und Rachel eher kompliziert sind, die eine charakterliche, die andere gesundheitlich. Ist das nur ein Zufall ist oder ein Trend in der aktuellen Literatur aus England?

In jedem Fall ist Koriandergrün und Safranrot eine tolle und sehr empfehlenswerte Lektüre.

Rezensiert wurde:
Nair, Preethi (2007):
Koriandergrün und Safranrot . Übers. Karin Dufner. München: Knaur. [2006] [Originaltitel: One Hundred Shades of White. London: HarperCollins, 2003.]


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